Hetze im Netz

Kommentar von Anja Reschke

Ja ich weiß, die letzten Beiträge gehen nicht so sehr in die Tiefe, sondern greifen eher Mainstream Themen auf. Aber ich sehe das so: Sinnvolle Antifa-Arbeit ergänzt das hier um eine tiefergreifende Analyse. Trotzdem ist alles besser, als dem Rechtsruck der letzten Jahre einfach nur zuzugucken.

Also zum Thema: Anja Reschke hat kürzlich in der ARD einen Kommentar zu rechter Hetze im Netz gebracht ( Video auf Youtube ), dem ich einfach mal zu 99% zustimmen möchte. Die hohe Reichweite und die positive Resonanz erfreuen mich umso mehr.

Ein guter Anfang

Aber ich möchte davor warnen, sich zu sehr darauf auszuruhen. Der Kommentar stößt glücklicherweise eine überfällige Diskussion auch außerhalb von Antifa- und linken Kreisen an. Daran sollten wir anknüpfen und weitermachen.

Der Hetze Paroli bieten ist ein guter Anfang. Zusätzlich sollte es eine Diskussion darüber geben, woher der ganze menschenverachtende Müll in der Mitte der Gesellschaft kommt. Das kommt nämlich alles andere als plötzlich und unerwartet.

Auch das Interview zu den Kommentaren auf ihren Kommentar ( Video auf Youtube ) gefällt mir an sich ganz gut. Zu kritisieren ist hierbei die Auffassung (überspitzt gesagt), man müsse nur mal wieder die Mehrheitsverhältnisse klären.

Denn so einfach ist das nicht. Unsere Gesellschaft ist, wenn man so will, hart rechts. Nationalismus, Rassismus, Sündenbocksuche und anderer Müll ist tief verwurzelt und zieht sich von ganz links außen bis ganz rechts außen quer durch die gesamte Gesellschaft.

Situation im Westerwald

Vielleicht mag das in manchen Gegenden oder Städten weniger auffallen, wo alles etwas weltoffener scheint und es meist möglich ist sich in einer Blase aus Gleichgesinnten zu bewegen.

Im Westerwald zum Beispiel ist das etwas anders. Klar gibt es auch hier die Dumm-Nazis, von denen man sich einfach abgrenzen kann und fertig (davon gibt es sogar recht viele). Aber diskriminierendes Verhalten erlebt man eigentlich täglich, in jedem Freundeskreis, auf jeder Kirmes, in jeder Kneipe.

Und das stellt wiederum ganz stark in Frage, ob es reicht sich einfach von den bösen Nazis abzugrenzen. Sinnvoller wäre meiner Meinung nach direkte Intervention und Kommunikation und wie gesagt eine Beschäftigung mit den Hintergründen.

Was hier nicht vergessen werden sollte: Aufgrund akuter Gefahr wird es auch in Zukunft wieder dringlicher, (Selbst-)Schutz zu organisieren.

Hintergründe

Über die Hintergründ können mit Sicherheit andere mehr sagen. Aber das Feld Expert*innen zu überlassen halte ich für einen Fehler. Das Thema geht alle etwas an und deshalb sollte eine Kommunikation darüber auch ohne jahrzehntelange Beschäftigung damit möglich sein.

Wie übrigens auch Anja Rieschke bemerkt, tragen die mediale Hetze a la Bild-Zeitung und rassistische Wahlkampf-Slogans von AfD bis CSU zum allgemeinen Klima bei. Aber hier den Sündenbock zu suchen, greift immer noch zu kurz. Wieso fällt solche Hetze überhaupt auf fruchtbaren Boden?

Ich stelle mal in den Raum, dass eine unsolidarischer werdende Gesellschaft und die Suche nach Sündenböcken auch mit sozialen Ängsten, Individualisierung und einem subjektiven Gefühl des Mangels einhergeht.

Reallöhne sinken – die Billiglohnarbeiter*innen aus dem Ausland sind schuld. Keine Gemeinschaft in der Nachbarschaft mehr – die Nachbar*innen mit Migrationshintergrund sind schuld. Staatskassen leer – die Flüchtlinge sind schuld.

Und es ist auch kein Zufall, dass der bürgerliche „Wir sind bunt.“-Antifaschismus vor allem aus privilegierten Schichten kommt. Nicht weil arme Menschen dümmer sind, sondern weil sie ganz andere Sorgen haben als das Bildungsbürgertum.

Deshalb geht Antifa im Idealfall zusammen mit einer Offenlegung der Zusammenhänge dahinter und also auch mit „Klassenkampf“ (bitte ohne das auf eine Identität als Klasse zu beziehen) und dem Fördern von Solidarität und Verständnis füreinander.

Schlusswort

Nicht zuletzt heißt das auch Kommunikation zu fördern, mit den Geflüchteten selbst zu reden, ihnen Möglichkeiten zur Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen und sie im Idealfall mit den restlichen Bewohner*innen des Viertels oder Dorfes zusammenzubringen.

Und es heißt den rechten Rattenfängern nicht nur die verlogenen Statements der Eliten entgegenzustelle.

Anstatt vom Villenviertel aus immer wieder zu behaupten, dass ein Flüchtlingsheim das Sozialbauviertel bereichern würde, in dem hunderte von Menschen mit teilweise traumatischen Erfahrungen und wenig Zukunftsperspektiven zusammengepfercht werden, müssen die sozialen Verhältnisse analysiert und angegriffen werden.

Einerseits die sozialen Verhältnisse vor Ort, andererseits auch die globalen Verhältnisse. Bei der Diskussion grade um Flüchtlinge sollte niemals die eigene Rolle außen vorgelassen werden. Und die ist für unsereins meist die des Profiteurs * der Profiteurin von internationaler Ausbeutung und bewaffnete Konflikten, die weitaus mehr Menschen zu Geflüchteten machen, als Deutschland aufnimmt.

Bleiberecht für ALLE! Staat, Nation und Kapital abschaffen!

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